Ich dachte es sei mal interessiert zu sehen, wie sich meine Gedanken und Gefühle gegenüber des Auslandsjahrs über die Zeit hinweg verändern.
Finally it's may....
Letztendlich ist es schon Mai - wie schnell die Zeit vergeht.
Immer mehr Austauschschüler bekommen ihre Gastfamilien und Flugdaten. Das einzige was ich weiß, ist, dass ich zwischen dem 25. Juli und dem 13. September fliegen werde.
Jeden Tag lese ich, wie jemand schreibt "Ich habe meine Gastfamilie". Dadurch werde ich selbst immer ungeduldiger, obwohl ich weiß, dass erst Mai ist. Letztens habe ich mir eine Umfrage angeschaut, die angegeben hat, dass die meisten Leute ihre Familien im Mai und Juni bekommen. Also ist bis jetzt ja alles gut. Eigentlich. Von Tag zu Tag wird die Wartezeit unerträglicher. Von Tag zu Tag frage ich mich, wo ich mein Auslandsjahr verbringen werde, ob es überhaupt eine Familie gibt, die mich möchte. Eine, die sich darüber freut mich aufzunehmen. Ich lese mir immer wieder mein Profil und meinen Gastfamilienbrief auf der Seite von YFU USA durch und frage mich, ob ich irgendwas hätte anders schreiben sollen. Aber letztendlich bin das ICH und ich möchte so akzeptiert werden, wie ich bin. Also bleibt mir nichts anderes übrig, als zu warten. Mal wieder in Ungewissheit zu leben. Ist es nicht sogar schon öfters vorgekommen, dass keine Gastfamilie gefunden wurde? Dass Austauschschüler Zuhause bleiben mussten? Sich damit abfinden und ihren Traum zerplatzen lassen? Ich kenne diese Ungewissheit nur zu gut. Noch im Dezember war nicht klar, ob ich das Vollstipendium bekomme. Ob ich wirklich in die USA kann. Der Moment der Zusage war überwältigend und die Zeit davor schrecklich. Ich saß manchmal da und habe nur geheult. Die Vorstellung, dass ich nicht gehen kann, war geradezu unerträglich. Dann - Am Abend des 23. Januars saß ich auf meinem Bett und habe an meinen Laptop Serien geschaut. Durch Zufall schaue ich auf mein Handy und bemerke, dass ich angerufen werde. (Zur Information: Mein Handy ist immer auf lautlos und normalerweise bekomme ich einen Anruf nicht mit). Ich seh von wem der Anruf ist. Derselben Frau, die mich im Namen meines Bundestagsabgeordneten zu einem Gespräch mit ihm eingeladen hat. Aus Angst bin ich nicht dran gegangen. Habe nur auf den Bildschirm gestarrt. Dann war es vorbei. Ich wusste nicht, was ich denken sollte, habe einfach nur mit einer Absage gerechnet. Meine Hände haben gezittert- unfähig zu handeln. In dem Moment habe ich auch eine Nachricht von einem anderen Mädchen bekommen, die ebenfalls von dem Bundestagsabgeordneten zum Gespräch eingeladen wurde. Sie schrieb "Na? Wie ist es bei dir gelaufen? Hast du auch schon einen Anruf bekommen?" Da war ich mit meinen Nerven am Ende und habe nur geheult. Irgendwie dachte ich durch diese Nachricht, dass sie das Stipendium hat und dass sie es mir unter die Nase reiben möchte. Wie dumm ich doch war. Ich fand sie immer super nett und sie hätte sowas nicht gemacht.
Anschließend habe ich mich dazu entschlossen, die Frau zurück zu rufen. Ich weiß noch genau, dass mein Herz in dem Moment bestimmt doppelt so schnell geschlagen hat wie sonst und dass es eigentlich jeder hätte hören müssen.
Es klingelt und klingelt und klingelt. Niemand geht ran. In dem Moment war ich so erleichtert. Kurz darauf schrieb sie mir eine Nachricht, dass sie gerade keine Zeit hat und mich bald zurückruft. Die Minuten vergingen. Eine halbe Stunde war um. Ich saß nur da und habe gewartet. Mehr habe ich nicht gemacht. Ganz kurz war ich einmal was trinken. Komme zurück und sehe "1 Verpasster Anruf". "Das ist doch jetzt nicht wahr" dachte ich. Ich rief natürlich sofort zurück - wieder ging niemand ran. Der Horrortrip geht weiter. Nach 1 Minute kam ein weiterer Anruf. Dieses Mal war ich bereit.
Sie: "Hallo Celine. Na, was denkst du? "
Ich:"Hallo. Also ich kann es nicht wirklich einschätzen... "
Sie:"Du gehst in die USA"
Ich:"OmG wirklich? Danke oh mein Gott, vielen Dank! Vielen, vielen Dank!!! "
....
Das Gespräch ging noch etwa eine Minute. Sie hat mir Glück gewünscht und ein bisschen was von ihrem Sohn erzählt, der auch gerade in den USA ist. Ich habe mich ungefähr 1000× bedankt. Dann war es vorbei. Ich habe aufgelegt und kurz darauf sind mir die Tränen nur so über das Gesicht gelaufen. Da ich alleine Zuhause war, konnte ich die Nachricht niemandem persönlich überbringen. Ich habe mich auf mein Bett gelegt und geweint. Mehrere Minuten lang. Dann habe ich meinen Freunden und meiner Familie eine Audio geschickt. Meine Stimme klang so schrecklich, aber das war mir egal. Ich war glücklich. So glücklich, dass ich es nicht in Worte fassen konnte. Eine Woche später erhielt ich auch von YFU den Brief mit der frohen Botschaft.
Seitdem sind nun schon 3 Monate vergangen. Die Zeit verging so unglaublich schnell und viele Dinge sind passiert. Jetzt denke ich mir täglich, dass die Zeit sogar zu langsam vergeht. Ich möchte so gerne sofort los fliegen. Dabei steht noch so viel an. Ich muss mein Visum beantragen. Im Juni ist meine VBT. Ich habe Praktikum und fahre mit meiner Filmgruppe zum Sprachenfest nach Dresden. Ich habe Geburtstag. Muss meine Gastfamilie bekommen. So viele Ereignisse, doch letztendlich freue ich mich am meisten auf meine Familie. Der Rest erscheint nebensächlich.
Ich bin gespannt wie es weiter geht. Wann ich denn nun meine Gastfamilie bekomme. Vielleicht noch im Mai? Im Juni? Im August? Im September?
Wie meine VBT wird. Wann ich fliege und wie sich meine Gefühle bis dahin verändern.
Eines kann ich sagen: So viele Austauschschüler haben diese Zeit schon überstanden - ich werde es auch irgendwie schaffen.
Es ist übrigens gar nicht so leicht, seine Gedanken und Gefühle in Worte zu fassen. Wahrscheinlich habe ich auch nur einen kleinen Teil dessen ausdrücken können, was ich eigentlich wollte.
Wie auch immer.
Bis zum (hoffentlich) nächsten Mal.
Liebe Grüße
~C